Lehrinhalte
Keine Stadt kann ohne Wasser existieren: Dies gilt bereits in der vorindustriellen Zeit, aber im Zuge der Industrialisierung und der infrastrukturellen Vernetzung der Städte (Wasserversorgung, Kanalisation etc.) stieg der Prokopf-Bedarf an Wasser auf gut das Zehnfache im Vergleich zur Zeit vor 1850. Ziel des Seminars wird sein, die vielfältigen Beziehungen und Aspekte des Verhältnisses von Stadt und Wasser an verschiedenen Beispielen zu untersuchen. Grundlegend für die Versorgung von Städten – nicht nur mit Wasser – und damit häufig auch für das Entstehen und Gedeihen von Städten, war die Lage am Fluss/ an Flüssen, die einerseits durch den Wassertransport die Versorgung mit Lebensmitteln und Massengütern erleichterte und verbilligte, andererseits aber auch Kreuzungspunkte an Furten und Brücken schuf, die Verkehr und damit Arbeit und Einkommen bündelte. Nicht zufällig finden wir in vielen Städtenamen Verweise auf den Fluss an dem sie liegen, auf Furten (‚Frank-furt‘) oder Brücken (‚Innsbruck‘). Der Fluss konnte aber auch Verderb bedeuten, in Hochwassern oder extremen Trockenheiten; epidemische Krankheiten konnten mit dem Fluss (und den Schiffen) Städte erreichen und überwältigen. Zugleich bildete der Fluss eine scharfe innere Grenze, öffnete den Blick auf die weitere Landschaft oder umgekehrt auf die Stadt von der anderen Flussseite aus, schuf Panoramen. Das Wasser der Stadt kam aber auch aus dem Untergrund, vom Grundwasser, und es wurde mit fortschreitender Technisierung immer weiter aus dem Umland herangeschafft, weil das lokale Wasser häufig stark verschmutzt war.

Im Seminar, das insbesondere die Veränderung vom 18. bis ins frühe 21. Jahrhundert thematisiert, werden wir die verschiedenen Aspekte städtischer Wassernutzung und Wasserverhältnisse beleuchten. Wir werden fragen, mit welchen technischen Mitteln der Umgang mit Wasser organisiert wurde, wer Wasserversorgungs- und –entsorgungsprojekte plante, bezahlte, betrieb und welche kulturelle und ideologische Bedeutung dem Wasser, vor allem im Zeitalter der Hygiene zukam. Wir werden fragen, ob es ein spezifisch ‚modernes‘ Verhältnis zum Wasser in der Stadt gab und wie dieses möglicherweise im Zeichen der ökologischen Wende unter Veränderungsdruck gerät.

Literatur
M. Dagenais: Montreal, City of Water : An Environmental History. 2017.
S. Frank/ M. Gandy: Hydropolis. Wasser und die Stadt der Moderne, Frankfurt/Main 2006.
M. Gandy: The fabric of space : water, modernity, and the urban imagination, Cambridge (MA)/London 2014.
M. Knoll/ U. Lübken/ D. Schott (Hg.): Rivers lost, Rivers regained. Rethinking City-River Relations, Pittsburgh 2017.
D. Schott: Die Urbanisierung Europas 1000-2000: Eine umweltgeschichtliche Einführung, Köln u.a. 2014;
Tim Soens,  Dieter Schott, Michael Toyka and Bert de Munck Seid (eds.): Urbanizing Nature. Actors and Agency (Dis)Connecting Cities and Nature Since 1500, New York/ Oxford 2019.
V. Winiwarter/ M. Knoll: Umweltgeschichte, Köln 2007.

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Semester: WT 2019/20