Lehrinhalte
Die Gestaltung des Körpers zählt zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Bereits in der griechischen Antike entstand so eine Zäsur zwischen ‚natürlichem‘ und
‚idealem‘ Körper, die sich in der künstlerischen Produktion wiederspiegelte. Die Künstler*innen der Antike übertrafen mit ihren Arbeiten die Natur des menschlichen Körpers, indem sie von realen Körpern jeweils die schönsten Teile kopierten und in ihren Figuren zu einem neuen, ‚ästhetischen‘ Ganzen vereinten.[1] Der Körper wird so nicht einfach als etwas von der Natur Vorgegebenes verstanden, sondern ist immer auch kulturell geformt und daher historisch wandelbar. Bereits 1422 formulierte Michele Savonarola in seinem Traktat Speculum physionomie ein Ideal des Mittelmaßes, welches er im Vergleich mit künstlerischen Körperbildern bestimmte und sowohl auf männliche wie weibliche Körper anwendete.[2] Von Michelangelos David (1501/1504), Tizians Venus von Urbino (1538), über Rubens Die drei Grazien(1635), hin zu prunkvollen Kleidern und Schmuck in der Herrenmode des frühen 16. Jahrhunderts und das Korsett der Damenmode des 17. Jahrhunderts für eine schlanke Taille und überbetonte Hüften: Schönheitsideale veränderten sich immer weiter hin zu einer schlanken und androgynen Figur, perfekt symbolisiert vom Model Twiggy und dem Musiker David Bowie in den 1960er Jahren. Während sich das männliche im muskulösen Körper immer wieder findet, hat sich das weibliche Körperbild im sogenannten Barbie-Ideal etabliert. Zeitgenössische Künstler*innen, wie Yumna Al-Arashi und Moshtari Hilal in ihrer Arbeit A Tribute to Black Hair (2020), setzen sich mit der Beziehung zum eigenen Körper auseinander und intendieren ein Hinterfragen etablierter Schönheitsideale. 

Das Seminar beschäftigt sich mit den sich wandelnden Schönheitsidealen, deren Bedeutungen und Gestaltungstechniken, die sich nach Normen, Konventionen und Vorbildern richten und wie diese in der Kunst- und Kulturgeschichte behandelt werden. Ziel ist die Vermittlung von Grundlagen des kunstgeschichtlichen und im Allgemeinen des wissenschaftlichen Arbeitens, welches im Verlauf des Seminars erlernt und erprobt werden soll. Dazu werden im Seminar ausgewählte Texte diskutiert und in Bezug zu exemplarischen Kunstwerken gesetzt, um so die Interpretation von Bild- und Textquellen zu erlernen. Wenn möglich besuchen wir die Universitäts- und Landesbibliothek sowie die Mathildenhöhe in Darmstadt. Der Besuch der Bibliothek dient der Einführung in die Literaturrecherche, genauso werden relevante Internetressourcen vorgestellt.

[1] Sammern, Romana und Julia Saviello (Hg.), Schönheit - der Körper als Kunstprodukt: kommentierte Quellentexte von Cicero bis Goya, Berlin: Reimer, 2019, S. 314.

[2] Ebd., S. 137.

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Semester: WT 2020/21