Digitale Lehre
Das Seminar wird über Moodle und Zoom ablaufen. Wir werden versuchen Möglichkeiten zur Interaktion untereinander zu nutzen, die über die Zoom-Konferenzen hinaus gehen, z.B. Zweiergruppen zur Vorbereitung, Breakout-Sessions, gegenseitige schriftliche Beurteilungen über moodle z.B. in Wikis oder Foren, etc.
Anregungen werden gerne entgegen genommen.

Lehrinhalte
Die Philosophie hat hat sich seit Darwin durch die Biologie inspirieren und verändern lassen. Das ist kein Zufall, ist doch die Wissenschaft vom Leben, wie sich die Biologie selbst nennt, angetreten große Fragen zu beantworten, die vorher nicht selten das Terrain der Philosophie betrafen. Die Biologie schien sich dabei von philosophischen Gedanken nach und nach immer weiter zu entfernen.

Seit dem Aufschwung der Biotechnologie aber, einer eher ingenieursmäßig betriebenen technowissenschaftlichen Abteilung der angewandten Biologie, tauchen philosophische Fragen wieder vermehrt in der Biologie auf. Sie kommen meist als ethische Fragen daher. Dürfen Wissenschaft und Gesellschaft alles das, was sie können? Wo sind die Grenzen von natürlichem und künstlichem Leben?
Im Seminar werden wir uns nicht nur, aber vornehmlich den ethischen Fragen widmen, die im Zusammenhang stehen mit der absichtsvollen Veränderung von Lebewesen, seien es Pflanzen, Tiere oder Menschen.

Zu Beginn der biologischen Genetik waren es fast nur unscheinbare Mikroorganismen, die durch genetische Werkzeuge im Labor verändert werden konnten: Viren, Bakterien und einzellige Pilze. Schon damals begann die ethische Diskussion darüber, insbesondere als man davon hörte, dass damit angeblich gezielt biologische Waffen im Labor herstellbar seien. Auch heute tauchen immer wieder Gerüchte auf, das diese oder jene Krankheit im Labor hergestellt worden sei.
Aber spätestens seit der Möglichkeit des Klonens von Säugetieren, das inzwischen in größerem Maßstab betrieben wird und von Berichten, auch Menschen wären klonbar, regt sich der Widerstand.

Schon seit den 1970ern gibt es nicht nur theologische Kritik an genetischen Manipulationen, sondern auch philosophische Überlegungen, in Deutschland unter anderem von Hans Jonas, Peter Sloterdijk und Jürgen Habermas.

Nicht selten neigen Publikationen zu diesen Themen zur Skandalisierung. Das hat nicht zuletzt seinen Grund darin, dass es in Nazi- Deutschland ausgedehnte eugenische Programme gab. Eugenik bedeutet nicht nur, dass hier gezielt bestimmte Menschengruppen zwangssterilisiert wurden und sogenanntes „unwertes Leben“ in großem Stil getötet wurde. Auf der anderen Seite wurde auch versucht gezielt „arische“ Menschen zu züchten. Die Idee der Menschenzüchtung ist allerdings schon so alt wie die westliche Philosophie. Propagierte doch schon Platon in der "Politeia" ausdrücklich eine gezielte Auswahl der Tüchtigsten und die bewusste Vernachlässigung der "Schlechtesten", um die "Herde" seines idealen Staates "edel" zu halten. Und im antiken Sparta wurde dies offenbar tatsächlich so praktiziert. 
Was wäre, wenn heute eine vergleichbare Ideologie Macht bekäme, gentechnische Veränderungen im großen Stil an Menschen anzuwenden? Was, wenn das irgendwo schon im Geheimen geschieht? Die Möglichkeiten dazu wären heute vielfältig.

Es stellt sich damit heraus, dass hinter den Problemen der Gen-Ethik eine der elementarsten philosophischen Fragen überhaupt liegt:
Was soll die Menschheit mit ihrem Dasein auf der Erde machen? Wohin soll die Reise gehen?

Es lohnt sich daher, bereits in der Schule Wissen über Geschichte, Hoffnungen und Gefahren dieser besonders heiklen Technik zu beleuchten. Es genügt ganz offensichtlich nicht, dem Biologieunterricht die Aufklärung über die Methoden (wie z.B. der neue „Garagen“- Technik CRISPR /CAS) zu überlassen.
Im Seminar werden wir uns daher nicht nur mit den Inhalten der Gen-Ethik beschäftigen, sondern auch über Lernziele, Kompetenzen und die didaktische Analyse von Unterrichtsmaterial sprechen. 

Literatur
[b]zum obigen Text:[/b]
Platon: Politeia 
Hans Jonas: Technik, Medizin und Ethik. Insel, 1985
Peter Sloterdijk: Regeln für den Menschenpark. Ein Antwortschreiben zu Heideggers Brief über den Humanismus. Suhrkamp, 1999
Jürgen Habermas: Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik? Suhrkamp, 2001

[b]zum Einlesen:[/b]
Bernhard Irrgang: Ethik der Gen- und der neuen Biotechnologie, In: Nida-Rümelin (Hg.) Angewandte Ethik, 2. Aufl. Kröner, 2005, S. 648-689
Petra Gehring: Zwischen Menschenpark und soft eugenics: Zur Aktualität des Züchtungsbegriffs, In: dieselbe: Was ist Biomacht? Vom Zweifelhaften Mehrwert des lebens, campus, 2006.
 

Voraussetzungen
Das Seminar richtet sich an fachlich fortgeschrittene Studierende. Das heißt, die Teilnahmevoraussetzung für das Seminar ist der erfolgreiche Abschluss der folgenden vier Module:

1. Modul 1A-1 Einführung in die Philosophie -Methoden und Begriffe
2. Modul 1A-2 Einführung in die Philosophie -Handeln und Verstehen
3. Modul 2A-1 Logik und Argumentation
4. Modul 3A-1 Reflexion normativer Ordnungen

Für den BA of Education sind nur die Module 1A-1 und 1A-2 vorausgesetzt.
 

Erwartete Teilnehmerzahl
15-20

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Semester: SoSe 2021