Lehrinhalte
W. Ross Ashbys "Einführung in die Kybernetik" (1956, 1964) ist ein Klassiker und gilt als das erste Lehrbuch zur Kybernetik (engl. "cybernetics") – dieser radikal interdisziplinären "neuen" Wissenschaft des Steuerns und Regelns von im Grunde allem: Beinahe überall, d.h. von Medizin und Biologie, über Staats- und Politikwissenschaften bis hin zu Sprach- und sogar Geisteswissenschaften sah man kybernetische Prinzipien am Werk, namentlich eine der unzähligen Variationen kybernetischer Regelkreise. Heute ist die Kybernetik scheinbar verschwunden: Ihr Name geistert zwar hier und da noch durch die Literatur, und Wörter wie "Cyberspace" und "Cybersecurity" bezeugen ihre Spuren, aber kaum jemand würde sich heute noch als "Kybernetiker*in" bezeichnen. Auch sind die Konferenzen zur Kybernetik fast völlig verschwunden, und neue Publikationen zur Kybernetik historisieren sie. War die Kybernetik also wenig mehr als ein kurzer, heftiger Moment der Wissenschaftsgeschichte, in dem eine umfassende Transformation wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens um sich zu greifen schien? So ein Urteil wäre vielleicht nicht falsch. Es wäre aber einseitig zu glauben, die Kybernetik sei schlicht gescheitert, habe mehr versprochen, als sie hätte halten können und sei schließlich von neuen, anderen Paradigmen verdrängt worden. Man könnte eher sagen, dass sich die Kybernetik zu Tode gesiegt hat: Sie hat in fast allen Wissenschaften Spuren hinterlassen und lebt am sichtbarsten in der Informatik fort.

Im Seminar nähern wir uns der Kybernetik über W. Ross Ashbys "Einführung in die Kybernetik", das wir ins Auszügen lesen. Parallel dazu lesen wir historisierende Positionen. In der zweiten Hälfte des Seminars gehen wir dann über Ashby hinaus und befassen uns mit den Versuchen, Kybernetik und Philosophie miteinander zu verbinden.

Methodisch werden wir an ausgewählten Schlüsseltexten (teils in Auszügen) entlangarbeiten, deren Kernargumente wir systematisch rekonstruieren und an unsere übergeordneten Fragestellungen zurückbinden. Studierende sollen in die Lage versetzt werden, Grundgedanken der Kybernetik sowie deren Verbindungen zu anderen Wissenschaften zu beschreiben, die Begründungen sowie Argumente dieser Verbindungslinien systematisch darzustellen und philosophiegeschichtlich einzuordnen, die Vorgehensweisen der Kybernetik mit ihren Zusammenhängen zu diskutieren und die Reichweite von "Kybernetisierungsprogrammen" kritisch zu reflektieren.

Literatur
Literatur wird per Moodle bekannt gegeben. Bitte beachten Sie die Hinweise zur Vorbereitung der ersten Sitzung in Moodle.

Voraussetzungen
Kenntnisse formaler Logik und diskreter Mathematik sind hilfreich, aber keine formale Voraussetzung.

Voraussetzungen sind: Bereitschaft zur gründlichen Lektüre der ausgewählten Texte (auf Deutsch und Englisch) und zur gründlichen Vor- und Nachbereitung der online stattfindenden Seminarsitzungen. Ebenso wird die aktive(!) Teilnahme an den Online-Sitzungen erwartet. Es wird insbesondere die Anfertigung zweier kurzer Essays und zweier Aufgabenblätter erwartet sowie die aktive Mitarbeit an kleineren Formaten zur Unterstützung der Online-Lehre (z.B. Peer-Feedback). Weitere Hinweise zum Ablauf des Seminars finden Sie im Moodle.

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Semester: SoSe 2021