Digitale Lehre
Schon seit ihren Anfängen als akademische Disziplin beschäftigt sich die Soziologie mit dem Thema des Suizids. Emile Durkheim, der als einer der Gründungsväter des Faches gilt, nutzte die Analyse des Phänomens der Selbsttötung, um eine genuin soziologische Perspektive auf gesellschaftliche Sachverhalte auszuarbeiten und diese als Alternative zu individualpsychologischen oder biologischen Erklärungsansätzen zu profilieren. Mit seiner Studie „Der Selbstmord“ (1897) entwickelte Durkheim einen Ansatz „bei dem es […] um den Zusammenhang zwischen Suizidraten von bestimmten gesellschaftlichen Teilgruppen bzw. ganzen Gesellschaften auf der einen und gesellschaftlichen Bedingungen und Entwicklungen auf der anderen Seite ging“ (Albrecht 2012, S. 997).

Die klassische Studie von Durkheim wird im Laufe des Semesters in mehrfacher Hinsicht als Ausgangspunkt für unsere Beschäftigung mit dem Phänomen des Suizids dienen. In den ersten Sitzungen wird es zunächst darum gehen, die Theorie von Durkheim eingehend kennenzulernen. Im Folgenden werden wir uns mit der Frage beschäftigen, welchen Stellenwert „Der Selbstmord“ für die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Suizidforschung noch hat. Ergänzend werden wir weitere Ansätze ergründen, die als Alternative zu der Studie von Durkheim entwickelt wurden. Es wird dabei auch um die Auswertung von Abschiedsbriefen oder die Bedeutung der Nachahmung für die suizidalen Handlungen gehen.

Am Ende des Semesters werden wir uns außerdem praxisbezogenen Themen wie Sterbehilfe und Suizidprävention widmen.

Literatur
Albrecht, Günter 2012: Suizid. In: Handbuch soziale Probleme; Bd. 2, S. 979–1173.

Baechler, Jean 1981: Tod durch eigene Hand. Jean Baechler; Eine wiss. Unters. über d. Selbstmord. Frankfurt, Berlin, Wien: Ullstein.

Douglas, Jack D., 1967: The Social Meanings of Suicide. Princeton: Princeton University Press.

Durkheim, Émile 2017: Der Selbstmord. 14. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 431).

Leenaars, Antoon A., 1988: Suicide Notes. Predictive Clues and Patterns. New York: Human Sciences Press. Hopkins University Press. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience 253: 1-8.

Macho, Thomas 2018: Das Leben nehmen. Suizid in der Moderne. 2. Auflage. Berlin: Suhrkamp.

Maris, Ronald W., 1981: Pathways to Suicide. A Survey of Self-Destructive Behaviors. Baltimore: The Johns

Masaryk, Tomas G., 1982: Der Selbstmord als sociale Massenerscheinung der modernen Civilisation [unveränderter Nachdruck der 1. Auflage Wien 1891]. München: Philosophia-Verlag.

Minois, Georges, 1996: Geschichte des Selbstmords. Düsseldorf: Artemis und Winkler [zuerst Paris 1995].

Möller-Leimkühler, Anne M., 2003: The Gender Gap in Suicide and Premature Death or: Why are Men so Vulnerable?

Phillips, David P., 1980: Airplane Accidents, Murder, and the Mass Media: Towards a Theory of Imitation and Suggestion. Social Forces 58: 1001-1024.

Riemann, G. 2007. Suizidalität als Prozess - eine Re-Analyse des Tagebuchs von Wallace Baker in Ruth Shonle Cavans "Suicide". Zeitschrift für Qualitative Forschung, 8(2), 287-327.

Wray, Matt; Colen, Cynthia; Pescosolido, Bernice: The Sociology of Suicide. In: Annual Review of Sociology 37 (1), S. 505–528.

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Semester: WT 2021/22