Das 19. Jahrhundert, egal ob in langer, kurzer oder kalendarischer Ausdehnung, gilt als ein wichtiger Zeitrahmen, in denen sich moderne Wissensformen und -praktiken herausgebildet haben. Dabei spielten Industrialisierung und Verwissenschaftlichung zentrale Rollen. Die neuen, bürgerlich geprägen Gesellschaften fanden so neue Fremd- und Selbtbeschreibungsformen. Klassifizierungen, Hierarchisierungen, Mathematisierungen nahmen dabei eine zunehnemnd bedeutungsvolle Rolle ein. 

So weit, so exzellent beforscht.

In diesem Seminar werden wir zunächst "Klassiker" (ein im Kontext von Norm und Normalität selbtredend höchst problematischer Begriff) zur Geschichte von Norm und Normalität im 19. Jahrhundert gemeinsam lesen. Dabei werden wir sowohl Quellen-"Klassiker" wie etwa Texte Charles Darwins, aber auch Analyse-"Klassiker wie Texte von Foucault in den Blick nehmen.

Darauf aufbauend werden wir in der zweiten Hälfte des Seminars unsere eigenen Fragen an die Konzeption von Norm/Normalität und auch Devianz erarbeiten und an selbst ausgewählten empirischen Beispielen aus der (globalen) Geschichte des 19. Jahrhunderts nach Antworten suchen.
 
Zentrale Fragen, die dabei eine Rolle spielen können sind etwa
globaler Art: Kann es eine Geschichte der europäischen Normalität ohne koloniale Bezüge geben?
räumlich: Welche unterschiedliche settings von Normalität entwickeln sich in versch. Regionen?
machttheoretisch: Wer definiert Normalität und welche Macht beinhaltet das?
begriffsgeschichtlich: In welchen Kontexten wird zeitgenössisch von "Normalität" gesprochen und lässt sich hier ein Wandel beobachten?
sozialgeschichtlich: Wie definieren sich soziale Gruppen in diesem Kontext - welche agency kommt ihnen dabei zu?
Semester: Verão 2022