Offizielle Kursbeschreibung
Im gesellschaftlichen Diskurs werden Selbstzweifel, Erschöpfungszustände, Zukunftsängste, Lebenskrisen und Selbsttötungsgedanken von Personen immer häufiger auf den Be­griff einer Depression gebracht. Das allgemeine Re­­den über das Krankheitsbild in Zeitungsartikeln, Podcasts, Talkshows, Autobiografien, TV-Dokumentationen und den sozialen Netzwerken ist regelrecht in Mode ge­kom­men und bis­weilen gar zum Sig­­num der Mo­­derne in den Selbs­t­the­­ma­ti­sie­run­gen von Individuum und Gesellschaft geworden. In Debatten über die Depression als »Volkskrankheit« tauchen auch Fälle aus dem Spitzensport vielfach als Thema auf. Über betroffene Athletinnen und Athleten wird in der (Netz-)Öffentlichkeit sogar der­art häufig berichtet, dass sie als regel­rechte Sym­bol­figuren der Depression in der modernen Gesellschaft in Erscheinung treten.

In den letzten Jahren nimmt auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Depressionen im Spitzensport Fahrt auf. Die Forschung über das Phänomen wird bislang von Sportpsychologinnen und Sportpsychiatern dominiert, die die kognitiv-emotionale Wirklichkeit depressiver Athleten in den Fokus nehmen. Der Leidensdruck betroffener Sportler ergibt sich jedoch nicht allein aus innerpsychischen Vorgängen, sondern hängt auch davon ab, was über Depressionen im Spitzensport berichtet und geschrieben wird. Schließlich beobachten die Leidenden ihre Situation anhand sprachlicher Konstruktionen und narrativer Formen, die gesellschaftlich verfügbar sind. Die Art und Weise, wie ihre soziale Umwelt den Betroffenen begegnet, basiert ebenfalls auf in der Kommunikation vermittelten Annahmen, Sichtweisen und Informationen.

Im Seminar analysieren wir die soziale Konstruktion der Depression im Spitzensport und setzen uns mit den vielfältigen Bedingungen auseinander, die die Kommunikation über das Thema antreiben und das Schicksal der Betroffenen wesentlich beeinflussen. Im Zuge dessen lernen wir den Stand der Forschung über Depressionen im Spitzensport kennen und legen die Erkenntnispotenziale und Praxisrelevanz der sportsoziologischen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand offen. 

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Semester: SoSe 2022