Digitale Lehre
Der Kurs findet in Präsenz statt.  

Lehrinhalte
In den Debatten der Philosophie des Geistes und auch der Cognitive Science spielt die Frage, ob sinnliche Wahrnehmung von Begrifflichkeit durchdrungen oder vielmehr unreflexiv und leiblich der Rationalität vorgelagert ist, eine große Rolle.

Exemplarisch für diese Kontroverse ist die Debatte zwischen den beiden Philosophen John McDowell und Hubert Dreyfus: McDowell versucht in seinem weit rezipierten Buch „Geist und Welt“ die Auffassung zu verteidigen, dass Erfahrung von Begrifflichkeit durchdrungen und so eine rechtfertigende Offenheit für die Welt gewährleistet sei. Dreyfus betrachtet dieses Konzept als zu intellektualistisch, da es die „phenomenology of bodily coping“ ignoriere, die für ein eingebettetes leiblich-motorisches Antworten auf Aufforderungen stehe. Deshalb wirft Dreyfus McDowell vor, einem „Mythos des Mentalen“ aufzusitzen. Während sich McDowell auf die analytische Rezeption von Kant und Hegel, aber auch auf die Hermeneutik (Gadamer) beruft, sieht sich Dreyfus in der Traditionslinie der Phänomenologie (v.a. Heidegger und Merleau-Ponty).

Im Seminar werden wir uns mit den Grundproblemen der Debatte um den "Mythos des Mentalen" bekanntmachen und dann auf die phänomenologischen Wurzeln der von Dreyfus vorgeschlagenen Theorie der leiblichen Wahrnehmung zurückgehen (Lektüre von Texten von Merleau-Ponty, Heidegger, Husserl). 

Literatur
Auswahl:

[u]McDowell-Dreyfus Debatte:[/u]

Dreyfus, Hubert L. (2005): Overcoming the Myth of the Mental: How Philosophers Can Profit from the Phenomenology of Everyday Expertise, APA Pacific Division Presidential Address 2005.

McDowell, John (2007): What Myth? Inquiry 50:4, 338-351.

Dreyfus, Hubert L. (2007): The Return of the Myth of the Mental, Inquiry, 50:4, 352-365.

McDowell, John (2007): Response to Dreyfus, Inquiry, 50:4, 366-370.

Dreyfus, Hubert L. (2007): Response to McDowell, Inquiry, 50:4, 371-377.

Schear, Joseph (ed.) (2013): Mind, Reason and Being-in-the-World: The Mcdowell-Dreyfus Debate. London: Routledge.


[u]Phänomenologie:[/u]

Heidegger, Martin (1927/2001): Sein und Zeit. Tübingen: Niemeyer.

Heidegger, Martin (1994): Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs. Frankfurt a.M.: Klostermann. Selected Paragraphs: §§5-7

Husserl, Edmund (1939/1973): Erfahrung und Urteil. Hamburg: Meiner. Selected Paragraphs: §§ 2-4, 6-10, 15-19, 48-49, 63, 68-69, 76-79. 

Merleau-Ponty, Maurice (1966): Phänomenologie der Wahrnehmung. De Gruyter.

 

Voraussetzungen
Nach allgemeinen Einführungen von meiner Seite werden wir im Seminar die Texte gemeinsam erarbeiten und diskutieren.
Vorkenntnisse sind hilfreich, werden aber nicht explizit erwartet. Erwartet wird hingegen eine hohe Bereitschaft, sich mit komplexer philosophischer Lektüre auseinanderzusetzen, was auch beinhaltet, zusätzlich Sekundärliteratur und begleitende Literatur zu lesen. Bitte planen Sie genug Zeit für das Seminar ein, um das evtl. erforderliche zusätzliche Lektürepensum auch bewältigen zu können.
Die Lektüre ist zu einem großen Teil auf Englisch. 

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Semester: WT 2022/23