Lehrinhalte
Ohne Anerkennung keine Zugehörigkeit, ohne Zugehörigkeit droht die Ausgrenzung. Sicherlich: Es gibt viele Formen der Anerkennung, so dass der Verlust der einen möglicherweise durch andere Zugehörigkeiten kompensiert werden kann. Andererseits sind manche Identitäten – wie etwa die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Land, der Beruf, die Familie – so zentral, dass sie einen Masterstatus bilden. Aber Anerkennung hat auch ihre Schattenseiten. Im Allgemeinen kann sie nur um den Preis der Konformität mit Gruppennormen erlangt werden. Wer nach Anerkennung seitens einer exklusiven gesellschaftlichen Gruppe strebt, ist bereit, einiges auf sich zu nehmen, um den gewünschten Status zu gewinnen. Umso fataler, dass insbesondere in den letzten Dekaden die Zahl der Ausgegrenzten, d.h. die Zahl der Überforderten, Gekränkten, Zurückgewiesenen, die Zahl der Verlierer, insgesamt zugenommen hat – die Rede ist von „Verlustpotenzierung“ (Reckwitz). Hinzu kommt: Die Anerkennung der einen geht zumeist auf Kosten anderer.
Davon ausgehend sollen im Seminar unterschiedliche Formen der Ausgrenzung, wie etwa die Ausgrenzung von Migranten, Ostdeutschen, Frauen und Transgender-Personen, Schwarzen, Arbeitslosen, etc. durch das Prisma hegemonialer Gruppennormen betrachtet werden. Dabei geht es um zwei Perspektiven: Mit welchen Mitteln versuchen die (bislang) Etablierten, Außenseiter herabzusetzen und zu stigmatisieren, um ihre Exklusivität zu wahren und die Ausgegrenzten auf ihren Plätzen zu halten? Und andererseits: ob, und in welchem Ausmaß und mit welchen Mitteln, schaffen es Außenseitergruppen, sich gegen die Macht der Etablierten aufzulehnen? Kommt es zu offenem Protest zu einem offenen Angriff auf die Macht der Eliten? Welche Rolle spielen dabei Neogemeinschaften „Cancel Culture“, Safe Spaces, #metoo (im linken Spektrum) und das Verbot der kulturellen Aneignung oder die Abschottung gegenüber Migranten (im rechten Spektrum)? Und inwiefern versuchen marginalisierte Gruppen durch die Stigmatisierung noch vulnerablerer Gruppen, das Stigma abzuwenden, um sich ihrerseits zu Etablierten zu machen?
[b]Leistungsanforderung:[/b]
Abgabe Hausarbeit bis zum 31.03.2025
Literatur
Literatur (eine Auswahl):
Norbert Elias (1993): Etablierte und Außenseiter. Frankfurt a. Main: Suhrkamp.
Bude Heinz und Andreas Willisch (2008): Exklusion. Frankfurt a. Main: Suhrkamp.
Stegemann, Bernd (2023): Identitätspolitik. Berlin: Mathes und Seitz.
Steffen Mau (2024): Warum der Osten anders bleibt. Berlin: Suhrkamp.
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- Lehrende: Cornelia Koppetsch