Lehrinhalte
Das Seminar vermittelt auf der Basis der neueren historischen Forschung die unterschiedlichen Perspektiven, Konzepte und Forschungsansätze, unter denen die Geschichtswissenschaft das Thema Gewalt in der Frühen Neuzeit behandelt. Die Studierenden können die historischen Dimensionen und didaktische Relevanz der auch in der gegenwärtigen Gesellschaft aktuellen "Gewalt-Thematik" auslosten und kritisch diskutieren. Leistungsanforderungen/Bedingungen für den Scheinerwerb: Anwesenheit, Mitarbeit, Lesen und Vorbereitung der einführenden Literatur/Texte, Referat/Präsentation, Hausarbeit(Abgabefrist 31.3.2026)
Literatur
Eine thematisch gegliederte Literaturliste mit grundlegender Literatur, die auch zahlreiche Hinweise auf weiterführende Literatur enthält, ist als Download verfügbar: "Seminar Gewalt WS2025_26 Literatur.pdf"
[b]Einführende Literatur (als Download im Moodle-Kurs verfügbar)[/b]
Baberowski, Jörg, Gewalt verstehen, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 5 (2008), S. 5-17
Christadler, Maike, Gewalt in der Frühen Neuzeit – Positionen der Forschung, in: Gesnerus 64 (2007) 231-245
Eibach, Joachim, Gibt es eine Geschichte der Gewalt? Zur Praxis des Konflikts von der Vormoderne bis heute, in: Rebekka Habermas und Gerd Schwerhoff (Hg.), Verbrechen im Blick. Perspektiven der neuzeitlichen Kriminalitätsgeschichte, Frankfurt/New York 2009, S. 182-218
Imbusch, Peter, Der Gewaltbegriff, in: Internationales Handbuch der Gewaltforschung, hg. von Wilhelm Heitmeyer/John Hagan, 2002, S. 26-57
Labouvie, Eva, Zur Einführung: Gewaltkulturen in Geschichte und Gegenwart, in: Eva Labouvie (Hg.), Geschlecht, Gewalt und Gesellschaft - interdisziplinäre Perspektiven auf Geschichte und Gegenwart, Bielefeld 2023, S. 13-34
Martschukat, Jürgen, Gewalt. Kritische Überlegungen zur Historizität ihrer Formen, Funktionen und Legitimierungen, in: Body Politics: Zeitschrift für Körpergeschichte 1 (2013), S. 185-198
Matz, Ulrich, Gewalt, in: Staatslexikon, Bd. 2, Freiburg 1986, Sp. 1018-1023
Pröve, Ralf, Gewalt und Herrschaft in der Frühen Neuzeit. Formen und Formenwandel von Gewalt, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 47 (1999), S. 792-806
Offizielle Kursbeschreibung
Gewalt gehört zu den etablierten Themen der Geschichtswissenschaft, irritiert diese aber auch. War doch physische Gewalt, die Menschen anderen Menschen antun, in der Frühen Neuzeit in vielfältigen Formen eine allgegenwärtige Praxis: Im ‚ganzen Haus‘ bzw. in Familien als Mittel des Konfliktaustrags, der Disziplinierung oder der Erziehung sowie als sexualisierte Gewalt in vormodernen Geschlechterverhältnissen. Gewalthandlungen waren ein akzeptiertes Mittel, um in Ritualen von Handwerkern und Akademikern, Duellen und Fehden Konflikte auszutragen. Während der Frühen Neuzeit intensivierte sich allerdings die Kriminalisierung von Gewalthandlungen, Körperverletzungen, Tötungsdelikten und Raub, die die obrigkeitlich-staatliche Strafjustiz verfolgte und mit Folter, Körper- und Todesstrafen bestrafte. Folglich setzte auch der Staat Gewalt ein, um Herrschaft auszuüben und baute militärische Gewaltapparate (Söldner und Stehende Heere) aus, um wie im Dreißigjährigen Krieg Konflikte mit Waffengewalt auszutragen. Freilich konnten sich kollektive Formen von Gewalt wie Aufstände, Stadtrevolten und Attentate auch gegen Obrigkeiten und Staat richten. Ein Beispiel hierfür ist der Bauernkrieg von 1525, in dem die Bauern die Anwendung von Gewalt diskutierten und diese auch einsetzen, die Obrigkeiten aber ihrerseits die Aufstände mit militärischer Gewalt niederschlugen. Kollektive Gewalt richtete sich zudem gegen religiöse Minderheiten wie die Juden, und Gewalt war auch religiös begründet. Das Seminar behandelt diese und andere Formen physischer Gewalt in der Frühen Neuzeit, fragt nach Akteuren, Gründen, Wirkungen, Funktionen und Reaktionen und auch danach, wie versucht wurde, Gewalt als kriminelles Verhalten zu bestrafen oder gewaltsam ausgetragene Konflikte zu schlichten und durch „Frieden“ zu beenden. Thematisiert wird ebenfalls, wie Gewalt in philosophisch-politischen Diskursen und populären Medien dargestellt und diskutiert wurde und wie sich Vorstellungen der Begrenzung und Kontrolle – insbesondere herrschaftlicher/staatlicher – Gewalt entwickelten. Insofern will das Seminar die Studierenden auf der Basis der neueren historischen Forschung mit den unterschiedlichen Perspektiven, Konzepten und Forschungsansätzen vertraut machen, unter denen die Geschichtswissenschaft das Thema Gewalt in der Frühen Neuzeit behandelt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen nach dem Verhältnis von akzeptierter/legitimer und abweichenden/kriminalisierten Formen von Gewalt, der Bedeutung von Geschlecht und sozialem Status und den historischen Veränderungen, insbesondere im Hinblick auf die „Verrechtlichung“ und „Zivilisierung“ von Gewalt.
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- Lecturer: Friedrich Battenberg
- Lecturer: Karl Härter